12 Jahre nach dem ursprünglichen Release kehren wir nach Spira zurück, erleben schnelle Blitzballspiele, bedrückend emotionale Momente und die Magie vergangener Zeit. Aber reicht da eine HD Auffrischung aus, um Final Fantasy X heute noch attraktiv zu machen?
Das Original
Eines soll gleich klar gestellt werden. Ja, Final Fantasy X ist tatsächlich schon so alt und nein, ein Remaster ist nicht das gleiche wie ein Remake. Wer mit falschen Erwartungen an den neu aufgelegten Titel geht wird sicher enttäuscht. Ich bediene mich mal einer Analogie aus der Musikwelt. Alte Scorpions Lieder wurden digital Remastered, also neu abgemischt, um einen besseren Klang im Vergleich zu den alten Liedern zu erreichen. Text und Melodie bleiben davon unberührt. Genau so verhält es sich auch bei Final Fantasy X. Das Kampfsystem ist immer noch das gleiche, es gibt keine neuen Charaktere und die Story hat sich ebenfalls nicht verändert. Lediglich die Grafik und der Sound wurden überarbeitet und bei letzterem ist das Remastering im Gegensatz zu den Scorpion-Songs sogar gut gelungen. Aber alles der Reihe nach.
Ursprünglich für die PlayStation 2 erschienen strahlte Final Fantasy X im Glanz der neuen Generation und ließ selbstverständlich ordentlich die Muskeln spielen. Toller Sound, wahnsinnige Grafik und sogar ein großes Debüt wurde in der Final Fantasy Reihe gefeiert: Sprachausgabe. Nicht länger ist unser Held, in diesem Fall Tidus, einfach nur ein stummer Geselle der ab und an ein paar Textboxen füllt. Stimme und Körpersprache versetzen Tidus in die Lage eine ganz eigene, neue Persönlichkeit zu entwickeln, anders als es noch bei seinen Vorgängern der Fall war. Zwar konnte die PS2 damals noch kein HD, das Spiel sah aber dennoch sehr gut aus. Schon auf der PS1 sahen die CGI Sequenzen wahnsinnig schön aus (und tun dies immernoch!), dem steht auch die originale PS2 Version in nichts nach. Besonders das Wasser und Reflexionen sehen toll aus.
Unterstützt durch die Rechenpower der PS2 war es außerdem nun möglich die Figuren nicht mehr länger durch vorgerenderte Hintergründe streifen zu lassen, sondern die gesamte Umgebung auszumodellieren. Dadurch wirkt das Spiel einfach viel mehr “aus einem Guss”, da sich Figuren und interaktive Gegenstände nun nicht mehr so stark vom Hintergrund abheben, sondern in die Welt integriert sind. Hier im Vergleich links Final Fantasy X HD zu Final Fantasy 8 auf der rechten.
Auch das Artdesign und Userinterface unterschieden sich deutlich von bisherigen Titeln. Herrschte bisher trübes einheitsgrau in den Menüs, lockerte Final Fantasy X das Ganze durch mehr Farbe auf. Orange und Lila sind die Farben der Wahl und spielen schön zusammen. Auch in der Spielwelt und natürlich den optisch nicht langweilig werdenden Kämpfen geizte Final Fantasy X nicht mit dem Einsatz vieler Farben. Dadurch wirkte Spira auf mich irgendwie paradiesischer und fröhlicher als andere Final Fantasys. Gleichzeitig war das als krasser Kontrast zu der eher düsteren Story zu sehen, in der Tod, Krieg und Zerstörung große Rollen spielen.
Die Kommandomenüs und Statusbars in den Kämpfen wurden deutlich entschlankt und minimalistisch gehalten, eine Änderung die mir persönlich sehr gut gefiel. Auf den Einsatz von Textboxen wurde komplett verzichtet, stattdessen wird der Text einfach am unteren Rand über das Bild gelegt und fügt sich so klasse ins Gesamtbild ein. Natürlich wurde auch das Kampfsystem mal wieder umgekrempelt. Eine ATB-Leiste gibt es nicht mehr (obwohl ich diesen Ansatz durchaus interessant fand), stattdessen könnt ihr in der oberen rechten Ecke eine Aktionsreihenfolge eurer eigenen Charaktere, aber auch der Gegner sehen und wisst damit genau, wann welche Figur ihren Zug macht.
Das CTB (Conditional Turn Based) Kampfsystem fällt damit taktischer als bisher aus, da ihr die Zugreihenfolge durch gezieltes ausschalten von Gegnern zu euren Gunsten beeinflussen könnt. Besonders in den Bosskämpfen steht Taktik an oberster Stelle. Etwas Würze wird dem ganzen noch dadurch verliehen, dass ihr stets mit der gesamten Truppe unterwegs seid und euch nicht auf 3 oder 4 Charaktere beschränkten müsst. Seid ihr am Zug könnt ihr Charaktere On-the-fly austauschen und im gleichen Atemzug noch eine Aktion mit dem eingewechselten Charakter ausführen. Die Beschwörungszauber wurden ebenfalls stark verändert. Bestias, so werden Ifrit und Co. diesmal genannt, fegen nicht mehr nur mit einem schweren Angriff über den Kampfplatz, sondern sind steuerbar und ersetzen eure Party. Sogar neue Fähigkeiten konnten den Wesen beigebracht werden, wodurch sie auf euren eigenen Spielstil anpassbar waren.
Apropos Individualisierung: Das Spiel ließ einem zu Beginn die Wahl zwischen zwei verschiedenen aufbauten des Sphärobrettes. Eines lässt dem Spieler recht freie Hand was die Entwicklung der Figuren angeht, was allerdings auch zu bösen Verskillungen führen kann, das andere drängt die Charaktere etwas in eine vorgegebene Rolle. So ist Yuna zum Beispiel die Heilerin, Lulu die Schwarzmagierin und wo Auron hinhaut wächst kein Gras mehr. Das spannende an dieser Neuerung ist, dass ihr euch von Anfang an das noch leere Brett ansehen könnt und mit zunehmendem Spielfortschritt ein genaues Bild von eurer Entwicklung vor Augen habt. Damit ist es ungemein befriedigend jeden Platz auf dem Brett nach und nach zu bedecken. Daher gehört das Levelsystem in Final Fantasy X meiner Meinung nach zu einem der besten der Serie.
Leider wurde aber eine Änderungen am Spiel vorgenommen die für mich bis heute eine der schlechtesten Entscheidungen in der Final Fantasy Geschichte ist. Statt einer offenen Weltkarte, die zum offenen erkunden einlädt führen euch schlauchartige Strukturen ala Call of Duty durch das Spiel. Dadurch folgt ihr dem Spiel einfach wie an die Leine genommen durch die Story, ohne auf eigene Faust mal auf Erkundung gehen zu können. Auch das Gefühl dafür, wie die Welt aufgebaut ist, geht verloren.
Final Fantasy X HD Remaster
Ok, aber wie sieht es mit jetzt mit der Remaster Version aus? Kaufen oder Finger weg? Es gibt zwar einige RPGs für die Vita, darunter auch JRPGs, die zumeist dem Trend zu schnellen Echtzeitkämpfen verfallen sind. Final Fantasy X, als erster Serienteil für die Vita, wirkt dem entgegen und bringt Oldschool-Flair auf eure Vita bzw. die PlayStation 3. Mit den rundenbasierten Kämpfen und den taktischen Elementen kann sich das Remaster von der Konkurrenz abheben und ist alleine deshalb schon einen genaueren Blick für alle RPG-Fans wert.
Die HD Frischzellenkur hat dem Spiel insgesamt gut getan, besonders der zu Anfang erwähnt Sound klingt klasse und kommt besonders gut über Kopfhörer zur Geltung – oder wenn ihr die Vita an eine Anlage anschließt. Der Soundtrack an sich stammt natürlich wieder von Uematsu persönlich und begeistert wie eh und je. Die Stimmen der Synchronsprecher waren für mich zunächst gewöhnungsbedürftig und auch die Synchro selbst steckt in den Kinderschuhen. Zwar klappen Kiefer auf und zu, zur Sprachausgabe passt dies allerdings nur in den seltensten Fällen. Die Lippenbewegungen der Figuren sind zudem meist nur bei den Hauptcharakteren zu erkennen und werden bei vielen Nebencharakteren lediglich angedeutet.
Außerdem solltet ihr so schnell es geht die irritierenden deutschen Untertitel abschalten. Jeder der etwas Englisch kann bemerkt sofort, dass die Untertitel eine komplett andere Geschichte erzählen. Wer es mit Humor nehmen will kann ja mal versuchen die Story anhand der deutschen Untertitel zu verstehen. Warum man dieses Problem, was schon seit dem Release der original Version besteht, nicht in Angriff genommen hat ist mir unbegreiflich. Auf grafischer Ebene sind die Änderungen im direkten Vergleich ebenfalls zu erkennen. Kräftigere Farben und kleine Details, wie Lulus Fellkragen kommen deutlich besser zur Geltung.
Die teilweise hölzernen Bewegungen der Figuren sind die selben wie zu PS2-Zeiten, was heute irgendwie ungewohnt seltsam aussieht. Ebenfalls seltsam ist, dass unsere Truppe um Yuna und Tidus fein säuberlich getrennte Finger haben, andere Figuren dagegen nur mit einen Klotz und 4 schwarzen Strichen versehen wurden. Aber genau hier muss man sich bewusst machen, dass es sich nicht um ein Remake handelt, in dem Bewegungsanimationen überarbeitet werden, sondern lediglich um eine Remastered Version.
Ob das nun gut oder schlecht ist muss im Endeffekt jeder für sich beurteilen. Ein Remake wäre sicherlich noch spannender gewesen und hätte sich besser in die heutige Zeit eingefunden (immerhin sind bereits 2 Generationen seit dem Original vergangen!), das Remaster birgt aber immer noch einiges an Charme. Und wenn wir ein Learning aus dem vergangenen Videospieljahr ziehen können, dann das sich gute Spiele nicht unbedingt durch eine außergewöhnlich gute Grafik abheben.
Der Touchscreen der Vita wird ebenfalls eingebunden. Durch einen Swipe könnt ihr in Kämpfen die Animation der Bestias beeinflussen (Verkürzt oder Standard) und euch außerhalb der Gefechte auf Knopfdruck mit Items oder Magie komplett heilen. Eine nette Idee, die ich aber nie genutzt habe, da ich die Steuerung des Originals noch zu sehr gewohnt war und mich doch immer wieder in die Menüs begeben habe.
Ein Feature was dagegen sehr praktisch ist, ist die Cross Save Funktion zwischen Vita und PlayStation 3. Allerdings müsst ihr euch beide Versionen separat Kaufen, da es leider kein Cross Buy Angebot gibt. Wie es sich gehört dürfen Trophies heute in keinem Spiel mehr fehlen und so hat auch Final Fantasy X ein Trophäenset bekommen. Natürlich gewinnt ihr eine der Trophäen durch das schwierige Minispiel Blitzausweichen in der Donnersteppe, das ihr für Aurons Solaris Waffe absolvieren müsst.
Mit Eternal Calm, einem etwa 15 minütigen Kurzfilm in Spielgrafik, wurde eine Verbindung zwischen X und X-2 geschaffen, in dem die Stille Zeit nach dem Kampf gegen [Sin] thematisiert wird. Richtig mitreißen oder spannend war dieser allerdings nicht. Außerdem auf der Karte enthalten ist ein halbstündiger Audio File, welcher für mich extrem verwirrend war und mir daher leider keinen wahren Mehrwert offenbart hat.