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Final Fantasy VII Remake Review

Final Fantasy VII ist vielleicht nicht euer liebstes JRPG, aber es ist ohne Zweifel eines der einflussreichsten und beliebtesten. Ein Remake war von vornherein ein schwieriges Unterfangen. Ob es Square Enix nach 23 Jahren gelungen ist, erfahrt ihr in unserem Review.

Final Fantasy VII Remake (ein Titel über den ich zuerst lästern wollte, der aber seinen Grund hat) ist die erste von einer noch ungenannten Anzahl an Episoden, welche die Handlung des Playstation 1-Originals von 1997 neu erzählen. Nur, dass diese erste Episode sich komplett um die Diesel-Punk Metropole Midgar dreht, welche damals eigentlich nur als 5-8-stündiger Prolog für einen 60-Stunden Epos diente. Ergo wurde dieser Teil der Gesamthandlung also deutlich gestreckt.

Die Geschichte dreht sich weiterhin um den Söldner und Ex-SOLDAT Cloud, der von den Öko-Terroristen Gruppierung AVALANCHE angeheuert wird, ihnen dabei zu helfen die Mako-Reaktoren der Stadt Midgar zu zerstören. Der Mega-Konzern Shinra – der Midgar regiert und überwacht – saugt mit diesen Generatoren die Lebenskraft des Planeten – Mako genannt – als Energiequelle ab. Im Kampf gegen Shinra trifft Cloud außerdem das Blumenmädchen Aerith, die ebenfalls eine Vergangenheit mit Shinra hat. Und dann wären da noch Clouds PTSD-Flashbacks zu seinem ehemaligem Mentor Sephiroth. Oder steckt da mehr dahinter?

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THAT SPECIAL KIND OF FEELING

Die Sache ist die: Final Fantasy VII ist jetzt 23 Jahre alt. Es war einer der ersten großen Spiele für die Playstation 1 und technisch natürlich nicht ganz mit dem zu vergleichen was wir heute haben. Damals bewegten sich grobe Figuren – die gefühlt aus jeweils 9 Polygonen bestanden – durch vor-gerenderte Hintergründe und unterhielten sich in großen blauen Textboxen. Bei Spielen dieser Zeit spielte unsere Vorstellungskraft immer noch eine gewisse Rolle dabei uns in das Spiel zu immersieren und um den Bildern vor uns mehr Gestalt zu geben. Wir sehen nicht nur wie Clouds Polygon-Schultern nach oben gezogen werden und sein 5-eckiger Kopf hin und her wackelt und mit einem stillen „…“ auf eine Frage antwortet, wir spürten wie genervt er ist. Die klobige Spielfigur von Barret schüttelt nicht nur einen dicken Klotz der seine Faust darstellen soll, wir hören wie er vor Wut schäumt. Die Slums unter Midgar sind nicht einfach nur 3 Screens mit 5 NPCs von denen jeder 2 Textboxen Monolog hat, sondern eine riesige Unterwelt voller Menschen. Aber vieles davon ist letztlich auch eine Frage der persönlichen Interpretation.

Ein Spiel wie Final Fantasy VII zu „remaken“, mit der Technik die wir heute von Triple A-Releases gewohnt sind, steht vor der Aufgabe diese Momente nicht nur zu rekonstruieren, sondern sie einzufangen wie wir sie in Erinnerung haben. Ihnen Leben einzuhauchen und eine Welt die wir uns vorher zum Teil nur vorgestellt haben zu (re-)konstruierten. Remake macht all das und mehr. Es trifft nicht nur die Bilder und Szenen, es trifft die Gefühle von damals. Das betrifft nicht nur die Unterhaltungen zwischen den Figuren, auch die Action-Szenen und das Durchqueren der Spielwelt bedarf keiner weiteren Interpretation von Spieler-Seite. Man ist immer voll dabei. Der Wechsel vom rundenbasierten Kampf zum überarbeiteten Echtzeit Kampfsystem bringt einen viel mehr in die Action und vermittelt trotzdem ein sehr gutes Gefühl vom taktischen Vorgehen einer RPG-Party.

Wird die vorhandene Story etwas gestreckt? Klar wird sie das. Was vorher nur eine Handvoll Hintergründe waren, sind jetzt voll gestaltete Stadtteile, egal ob Sector 7 Slums oder der Eisenbahn-Friedhof. Der Aufstieg auf die obere Platte von Midgar ist keine Hüpferei von A nach B nach C mehr, sondern ein eigenes Kapitel für sich. Auf dem Weg zu Reaktor 5 erforscht man einen völlig neuen Teil von Midgar als man sich direkt „unter der Platte“ über Gerüste bewegt und die künstlichen Sonnen der Slum-Bewohner ausschalten muss um voran zu kommen. Auch Clouds Motorrad-Affinität kommt in einem Kapitel zur Geltung, damit man sich auf das Finale besser vorbereiten kann.

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Es dauert über 4 Stunden Spielzeit bevor man in der Kirche in den Slums landet. Fast 30 bis man endlich den Kampf direkt zu Shinra trägt. Auch die anderen Mitglieder von Avalanche bekommen deutlich mehr Screentime und Charakter-Entwicklung. Und was wäre ein Rollenspiel heutzutage ohne Sidequests in denen man Monster erschlagen, Items suchen und Minispiele erledigen muss. Man kann argumentieren, dass die Spielzeit so weit über das Nötige hinaus gestreckt wird. Warum muss ich in den Slums Ratten vermöbeln, wenn ich nicht auf gleich nach Junon aufbrechen könnte? Aber all diese Dinge helfen Midgar zu einem lebendigen Ort zu machen.

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Die Sector 7 Slums in ihrer vollen, äh… Pracht.

Durch das gewollt reduzierte Szenario fühlt sich Final Fantasy VII Remake natürlich etwas kleiner an, als man das vielleicht von Spielen dieser Serie gewohnt ist. Man bewegt sich nur innerhalb einer großen Stadt, nicht über einen ganzen Planeten. Außerdem ist der Handlungsablauf recht linear, weil man sich immer recht direkt von Ort zu Ort bewegt, ähnlich wie in Final Fantasy X. Nur wer Bock hat am Ende alle Sidequests zu erledigen, hat Grund nochmal bereits besuchte Gebiete abzuklappern. Dennoch ist es ist eine beeindruckende Umsetzung einer bekannten Geschichte die jeden emotionalen Beat und noch so jedes absurde und komische Element des Originals trifft. Und wir reden hier noch nicht einmal von der Sache in Wall Market, sondern von den wirklich absurden Momenten des Originals wie einem gewissen Haus.

EINE PARTY ZUM VERLIEBEN

Der große Gewinner bei all diesen technischen Upgrades sind aber die Charaktere. Durch eine Kombination von wirklich guten Sprechern und unglaublich guten Charakter- und Gesichts-Animationen (und eine Dosis Nostalgie) war mir eine RPG-Party selten so nahe wie Cloud, Tifa, Barret und Aerith. Die Charaktermodelle bestechen durch fantastische, lesbare Mimik und vor allem wunderschöne Augen. Es ist fast schon schade, wenn Barret die Sonnenbrille wieder aufzieht.

Cloud ist immer noch der steife Söldner der mit niemandem etwas zu tun haben will, aber man merkt wie die Menschen um ihn rum Stück für Stück seine Fassade durchbrechen. Barret ist immer noch schroff und jähzornig, aber da steckt eine Wärme in ihm und nie wird seine Wut ins Lächerliche gezogen, wie man vielleicht beim Original manchmal den Eindruck hatte. Und dann ist da noch Aerith. Aerith ist vielleicht einer der vorbelastetsten Charaktere der Videospiel-Geschichte. Diverse Spin-Offs und Erweiterungen der Saga bauten sie aus und machten aus ihr eine fast schon engelsgleiche Gestalt. Aber noch nie war sie so lebhaft und mitreißend und… hab ein bisschen Angst wie das weiter geht in diesem Remake.

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Klar sind die die meisten NPCs die unter Midgar leben nicht ganz so schön gestaltet, aber auch von den Haupt- und Nebenfiguren werdet ihr so schnell keinen vergessen. Jesse, Biggs, Heidegger und Hojo, alle wurden mit viel Liebe für das Original neu kreiert und auch auf ihre Weise noch liebens- bzw. hassenswerter gemacht. Man merkt auch die Parallelen zum Sequel-Film Final Fantasy VII: Advent Children und wie Versionen der Charaktere im Film fast schon Blaupausen für ihre neue verbesserte Form in Remake waren.

THOSE WHO FIGHT

An Stelle der klassischen Final Fantasy Rundenstrategie hat Remake ein komplett neues Kampfsystem bekommen, das aber schön auf Elementen aus dem Original aufbaut. Ihr übernehmt direkt die Kontrolle von Cloud, Tifa, Barret oder Aerith. Normale Angriffe mit dem Buster Sword oder Barrets Gatling Gun-Arm füllen die ATB-Leiste mit denen ihr den Einsatz von Zaubern, Special Moves und Items bezahlt. Ihr könnt das Geschehen dabei jederzeit anhalten um euch ein Bild von der Situation zu machen und sorgfältig das nächste Ziel wählen.

Ein zentrales Element dabei ist erneut der Einsatz von Materia und verschiedene Ausrüstungsgegenstände mit dem ihr den Build jedes Charakters beeinflussen könnt. Barret z.B. möchte man vielleicht instinktiv in einer Tank-Rolle einsetzen, immerhin kann er gut einstecken und mit seinem Waffen-Arm konstant austeilen. Tatsächlich fand ich ihn als Support-Mage im Hintergrund dann viel praktischer, da er mit seiner Wumme schnell die ATB-Leiste voll kriegt und vom Hintergrund aus Buffs auf die Nahkämpfer wirkt. Tifa dagegen war mit einer Kombination von einem Angriffs-Bonus durch ausweichen und einer HP-Absorb Materia fast unaufhaltsam.

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MELODIES OF LIFE

Der Soundtrack von Final Fantasy VII ist meiner bescheidenen Meinung nach einer der besten Videospiel Soundtracks überhaupt. Melodien wie das Shinra Thema, die Charaktermelodien oder auch Bombing Run gehören zu Nobuo Uematsu besten Werken. In Remake werden seine Werke neu eingespielt von Masashi Hamauzu (Final Fantasy X & XIII) und Mitsuto Suzuki (sehr viele andere Final Fantasy-Spiele).

Dies ist nicht einfach eine simple Orchester- oder Piano-Fassung der alten Tracks, die gab es schon zuhauf. Nein, der Remake-Soundtrack gibt jeder altbekannten Melodie einen neuen Twist, webt Melodien um Orte und Charaktere, spielt mit Noten aus dem Vorgänger und geht dann in gänzlich neue Kompositionen über. (Je nachdem wie sehr ihr euch mit der Musik auseinandersetzt, enthält er sogar Spoiler zu einem Twist im Spiel.) Es gibt mindestens 6 neue Arrangements von Those Who Fight Further und jede fucking slaps mehr als die davor.

Aber auch (oder gerade besonders) die ruhigen Stücke wurden nochmal stark aufgearbeitet. Vergleicht zum Beispiel diesen Track aus Remake mit dem Original:

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Der Soundtrack wird demnächst in einer 7 (!) Disc Fassung veröffentlicht und auch wenn das Paket einen ziemlich stolzen Preis hat, bin ich doch schwer versucht zuzugreifen.

Unsere Wertung

Pros

  • Wundervolle Neu-Interpretation des Originals
  • Noch nie waren diese Charaktere so lebendig
  • Grandioser Soundtrack
  • Action-orientiertes Kampfsystem mit taktischer Note
  • Cloud auf Motorrad ist immer noch ein Kracher
  • Barrets Augen
  • Alles an Aerith
  • Hab ich den Soundtrack schon erwähnt?

Cons

  • Nicht jedem wird dieser Twist gefallen
  • Manchmal wirkt es durch Sidequests etwas gestreckt

Fazit

Final Fantasy VII Remake kann sich mit Stolz neben Werke wie das 2002er Resident Evil Remake stellen, als eine eindrucksvolle Neu-Auflage eines technisch etwas angestaubten Klassikers. Es nimmt sich all die bekannten Szenen aus dem Prolog des Originals und haucht ihnen neues Leben ein. Man merkt, dass dieses Werk von Menschen gemacht wurde die nur den allergrößten Respekt vor und Liebe für das Original haben. Und dennoch ist es vielleicht nicht ganz das was ihr erwartet habt. Denn gleichzeitig stellt FF7R in Frage was ein Remake überhaupt sein kann. Während Link's Awakening 2019 dem Original Strich auf Faden folgte, nutzen die  Resident Evil Remakes von Capcom die Gelegenheit die Lore der Saga zu vertiefen oder das Grundgerüst auf ein moderneres System anzuwenden. Aber Final Fantasy geht noch einen Schritt weiter und lässt euch darüber nachdenken was das Original bedeutet, für die Charaktere aber auch für euch als Spieler. Charaktere, Orte und Szenen wurden mit einer Liebe zum Detail überarbeitet, dass man als Fan des Originals eigentlich nur dahinschmelzen kann. Und abseits von Nostalgie-Punkten bietet das Spiel eine wundervoll gestaltete Welt, ein solides Kampfsystem und einen absoluten Killer-Soundtrack.
10
Meisterhaft

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Über den Autor

Nach einer Über-Dosis Breath of the Wild mag Konrad keine Open-World Spiele mehr und befasst sich inzwischen fast nur noch mit gemütlichen Indie Games die sonst niemanden interessieren. Zwischendurch ist aber mal Zeit für eine Comic-Adaption.

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